ENDE

Ökonomie

Obwohl untrennbar miteinander verbunden, wurden die Bereiche Sammlung und Ökonomie bisher in der Forschung nur selten explizit zusammengedacht. Das Ziel der Forschungsgruppe ist es daher, diese Zusammenhänge in Workshops und auf Fachtagungen zu identifizieren und in unterschiedlichen Formaten sichtbar zu machen.

Das Thema

Ein wesentliches Merkmal aller Sammlungen ist ihre Einbettung in ökonomische Prozesse. Sammlungsforschung kann nicht ohne die Analyse von Erwerb, Zuwachs, Verlust und Zirkulation betrieben werden. Obwohl diese Aspekte den Sammlungen inhärent sind, wurden sie bislang kaum  thematisiert. Hier soll die Arbeit der Forschungsgruppe anknüpfen: Die erste Aufgabe ist das Erarbeiten eines soliden theoretischen Gerüsts, das als Rahmen für unsere Überlegungen dient. Ökonomische Begriffe wie Markt, Kapital oder Wert eröffnen riesige semantische Felder, die zunächst einzugrenzen sind, um sie anschließend für unsere Fallstudien operationalisierbar zu machen. Diese Grundlagenforschung soll eine zentrale Dienstleistung der Gruppe an die Forschungsgemeinschaft sein.

Inhaltlich werden wir in einem zweiten Schritt den Blick auf die Akteure und ihre Sammlungspraktiken richten. Wie sind sie in eine Sammlungsökonomie eingebettet? Welche Sammlungs- und damit verbunden Arbeitspraktiken lassen sich als ökonomisch beschreiben? Welche Marktmechanismen nehmen Einfluss auf Sammlungen? Wie funktionieren Wertzuschreibungen und Wertewandel? Von Interesse sind auch konkrete Unterhaltskosten sowie Aufwendungen in Logistik, Aufbewahrung und Infrastrukturbildung, die häufig notwendige Voraussetzungen für den Aufbau einer Sammlung sind.

So vielfältig wie die Perspektiven, sind, drittens, die Quellen, die die Basis unserer Untersuchungen bilden. Spuren ökonomischer Aktivitäten finden sich etwa in Rechnungszetteln, Korrespondenzen im Rahmen von Erwerbungen, Schenkungs- und Verkaufsunterlagen sowie in Testamenten, Inventaren oder Katalogen. Ein zentrales Anliegen der Gruppe wird es daher auch sein, methodische Überlegungen anzustellen und neue Auswertungsverfahren zu entwickeln.

Die Gruppe

Das Forschungsfeld der Sammlungsökonomie umfasst eine ganze Bandbreite an Fragenkomplexen, so etwa zu Kapitalaufbau und Kapitalverlust, Wertzuschreibungen, zur Zirkulation der Objekte und konkreten Handelsnetzwerken. Diese Diversität spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Gruppe wider, die bisher aus 18 Forscher*innen aus unterschiedlichen Disziplinen und Kontexten besteht. So freuen wir uns etwa über die Teilnahme von Vertreter*innen aus den Buch- und Literaturwissenschaften, der Ethnologie oder der Wissensgeschichte. In Vorbereitung auf einen ersten Workshop, der am 29. April stattfinden sollte, haben wir zunächst eine Textsammlung erstellt, die einerseits den Forschungsstand wiedergeben und andererseits ökonomische Aspekte in »Klassikern« der Sammlungsforschung aufspüren soll. Diese Sammlung lässt sich beliebig ergänzen und dient den Mitgliedern als gemeinsame Bibliografie. Ziel dabei ist es vor allem, eine gemeinsame theoretische Basis zu schaffen, anhand derer die Gruppe eigene Forschungsfragen entwickeln kann, die auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zugeschnitten sind, aber ebenso für eine größere Forschungsgemeinschaft interessant sein können.

Generell lebt die Gruppe vor allem durch das Engagement ihrer Mitglieder, die sich zwei Mal im Jahr im Plenum treffen. Hinzu kommen kleinere, thematisch enger zugeschnittene Workshops, die vor allem als Angebot zu verstehen sind. Hier soll Forschenden die Möglichkeit gegeben werden, ihre eigenen Anliegen einzubringen und ihre Themen weiterzuentwickeln. Letztlich soll dadurch die Erarbeitung von gemeinschaftlichen Nachfolgeanträgen bei Drittmittelgebern explizit betrieben werden.

Pläne

Das erste Treffen der Gruppe musste aus gegebenem Anlass in den Herbst 2020 verschoben werden. Damit die Wartezeit etwas verkürzt wird, haben wir im → Virtuellen Forschungsraum von MWW eine Seite eingerichtet, die Materialien und eine digitale Bibliografie zur Verfügung stellt und generell den Austausch der Mitglieder untereinander ermöglicht. Zukünftig stellen wir hier auch einer interessierten Öffentlichkeit alle Informationen zur Gruppe zur Verfügung. Bis zum Ende des Jahres 2020 sollen Schwerpunkte definiert werden, die in Einzelworkshops weiter bearbeitet werden können. Ein Fokus soll dabei auf digitale Methoden gelegt werden: Wie können wir ökonomische Daten aus unseren Quellen extrahieren und modellieren? Welche Verarbeitungs- und Auswertungsmöglichkeiten gibt es? Welche Visualisierungen sind denkbar? Für das Jahr 2022 ist zudem eine zweiwöchige Summer School geplant, die den wissenschaftlichen Nachwuchs in das Thema einführen und in unsere Überlegungen einbinden soll. 

Wie soll das Ergebnis kommuniziert werden?

Unsere Forschungsergebnisse sollen in einem gemeinschaftlich verfassten Handbuch zum Thema Sammlungsökonomie gebündelt werden, das idealerweise open-access in der MWW Publikationsumgebung veröffentlicht wird.

Mitglieder

Gabriele Ball (Universität Göttingen)

Volker Bauer (HAB Wolfenbüttel)

Daniel Bellingradt (FAU Erlangen-Nürnberg)

Patrizia Carmassi (HAB Wolfenbüttel)

Elisabeth Engl (HAB Wolfenbüttel)

Gunilla Eschenbach (DLA Marbach)

Petra Feuerstein-Herz (HAB Wolfenbüttel)

Ulrike Gleixner (MWW Forschung / HAB Wolfenbüttel)

Hans Peter Hahn (Goethe Universität Frankfurt am Main)

Dietrich Hakelberg (Forschungsbibliothek Gotha)

Elizabeth Harding (HAB Wolfenbüttel)

Christine Haug (LMU München)

Ina Heumann (Museum für Naturkunde Berlin)

Dominik Hünniger (Universität Hamburg)

Caren Reimann (MWW Forschung / HAB Wolfenbüttel)

Hole Rößler (HAB Wolfenbüttel)

Torsten Schaßan (HAB Wolfenbüttel)

Julia Schmidt-Funke (FAU Erlangen-Nürnberg)

Joëlle Weis (Universität Trier)