Die ›Clara Landau Bibliophile Bücherstube G.m.b.H.‹ wurde am 26. Februar 1923 am Kurfürstendamm 187 in Berlin gegründet, später zog das Geschäft an das Schöneberger Ufer 31 um. In sieben Jahren (1923-1930) veröffentlichte Clara Landau 30 Kataloge; 6 davon befinden sich in der Autographen-, Auktions- und Antiquariatskatalogsammlung des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Diese Sammlung, welche aus mehr als 17000 Katalogen besteht, wird zurzeit (zunächst analog) neu verzeichnet. Die DH-basierte Kunstmarkt- und Provenienzforschung hat ein neues Forschungsinteresse an Auktionskatalogen als Quelle geweckt. Kataloge, die literarische Nachlässe oder zerstreute Bibliotheken usw. dokumentieren, wurden aber schon seit langem als Forschungsinstrumente bewahrt, da sie einen privilegierten Blick auf Sammelleidenschaft und Lektüre-Schwerpunkte eines Autors darstellen.
Bild 1: Katalog mit Buchzettel der Firma ›Clara Landau Bibliophile Bücherstube G.m.b.H.‹, Foto: Jens Tremmel (DLA Marbach)
Im Vorwort des ersten Katalogs schrieb Prof. Dr. Hermann Degering, Germanist und Bibliothekar, damals Direktor der Handschriftenabteilung an der Staatsbibliothek zu Berlin: »Der reizende kleine Katalog […] bietet eine an Zahl nicht sehr umfängliche, an innerem Wert dafür aber um so reichere Auswahl bibliophiler Stücke im wahrsten Sinne des Wortes«. Die Kataloge sind eher klein. So konnten sie, wie eines der Exemplare im DLA auch dokumentiert, mühelos per Post verschickt werden. Jedoch ist das Angebot der Themen sehr umfangreich: illustrierte Bücher des 18. und 19. Jahrhunderts, Holzschnittbücher, Kupferstichwerke, Gemälde alter Meister, Astrologie- und Kräuterbücher, frühe Atlanten, Reformationsschriften... Jedes Exemplar, fügte Degering hinzu, sei »außerordentlich sorgfältig, zuverlässig und eingehend« beschrieben. Dass es sich um besonders überlegt gestaltete Antiquariatskataloge handelt, erkennt man schon an den fein dekorierten Einbänden.
Laut dem Wiener Kunstmarktforscher Werner J. Schweiger, dessen Kunstarchiv von der Berlinischen Galerie digitalisiert wurde, begann Clara Landau Ende 1928 auch Ausstellungen zu veranstalten: Alfred Lomnitz, Chantal Quenneville und Junge Pariser Maler, die von Zeitschriften wie Die Kunstauktion und Das Kunstblatt anerkennend besprochen wurden. 1930 rezensierte Paul Westheim eine dieser Ausstellungen in Das Kunstblatt, wie folgt: »Bei Clara Landau junge Pariser Maler, zusammengestellt vom Salon Zak. Polen, Russen, Spanier, Amerikaner und ein paar Franzosen, ungefähr das, was sich in den Kunstläden des Montparnasse durchschnittlich zusammenfindet. Nichts Entscheidendes, aber vielleicht durchaus interessant und lehrreich, daß es hier in Berlin mal einen Begriff gibt von dem Pariser Durchschnitt, der zweifellos nicht über unserem Durchschnitt ist« (Das Kunstblatt. H. 6 v. Juni 1930, S. 190).
Bild 2: Preisverzeichnis, Foto: Jens Tremmel (DLA Marbach)
Clara Landau nahm sich am 18. Mai 1930 das Leben, vermutlich aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten: Die Bücherstube war in dieser Zeit von der hohen Inflation schwer getroffen – das zeigt nicht zuletzt ein aufgeklebter Hinweis auf dem Preisverzeichnis (» … vorläufig mit der Schlüsselzahl 7000 zu multiplizieren«). Im letzten Katalog findet man ihren Nachruf. Verfasst hatte ihn der expressionistische Schriftsteller und Publizist Karl Otten: »Mitten aus der Arbeit, aus Plänen und Erfolgen hat sie sich zurückgezogen. Aufgegeben und von sich getan, was sie zehn Jahre mit Eifer und unermüdlicher Hingabe aufbaute und verteidigte. Uns, den Erben wider Willen, ist die Aufgabe zugefallen, ihre Arbeit weiterführen«. Otten floh wenige Jahre später, 1933, über Paris zunächst nach Spanien und schließlich Großbritannien. Auch für den Antiquariatsbuchhandel bedeutete dieses Jahr eine große Zäsur.
Nachruf zum Tod von Clara Landau von Karl Otten, Foto: Jens Tremmel (DLA Marbach)
Über Clara Landau ist nur wenig bekannt, sodass die Kataloge bislang den genauesten Einblick in ihre Arbeit, ihre Interessen und ihre Vernetzung in der Berliner Bibliotheks- und Bücherwelt geben.
Mit freundlicher Unterstützung von Stefan Pucks (Auktionshaus Griesebach).
Gaia Tettamanti hat Euroamerikanische Literaturen, Übersetzung und Literaturkritik (Germanistik und Anglistik) an der Università degli Studi di Trento in Italien studiert und ihren Master mit einer Arbeit über Ricarda Huch abgeschlossen. Von September bis Dezember ist sie als Praktikantin in der Forschung am Deutschen Literaturarchiv in Marbach tätig.