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"MWW als eigenständige Größe etablieren"

Vor gut zwei Jahren, Anfang September 2013, startete der Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel (MWW) in seine erste fünfjährige Förderphase. Im Interview erzählt Sonja Asal, Geschäftsführerin von MWW, welche Ziele sie sich für die nächsten Jahre gesetzt hat, was sie am Wissenschaftsmanagement reizvoll findet und inwiefern sich die Rolle von Bibliotheken und Archiven gewandelt hat.

Frau Asal, Ihre jetzige Tätigkeit im Wissenschaftsmanagement hat Sie sehr weit von der Forschung entfernt. Bedauern Sie das manchmal? 

Überhaupt nicht. Wissenschaftsmanagement ist ein Berufsfeld, das sich in den vergangenen Jahren insbesondere im Zusammenhang mit der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder stark erweitert hat und zunehmend an Attraktivität gewinnt. Für mich sind Forschung und die Administration dieser Forschung keine Gegensätze, sondern ein Kontinuum. Gerade im sehr dynamischen Bereich der Forschungsförderung braucht man einen Blick für die größeren Zusammenhänge des Systems und nicht zuletzt auch ein Gespür für neue Entwicklungen und Fragestellungen in den Wissenschaften. Dass sich der Verbund der sammlungsbezogenen Forschung verschrieben hat, ist ja nicht im luftleeren Raum geschehen. Vielmehr verdankt er sein Zustandekommen der Hinwendung zum Archiv und zur Erforschung der materiellen Kultur, die in den vergangenen Jahren in den Geistes- und Kulturwissenschaften erfolgt ist.

Seit Juli 2014 sind Sie Geschäftsführerin des Forschungsverbunds Marbach Weimar Wolfenbüttel. Welche Aufgaben haben Sie konkret?

Meine Hauptaufgabe besteht darin, die Fäden zusammenzuhalten – zwischen den drei Standorten Marbach, Weimar und Wolfenbüttel einerseits und den verschiedenen Verbundgremien sowie dem Zuwendungsgeber, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), andererseits. Nicht zuletzt aufgrund dieser recht komplexen Strukturen ist es ungemein wichtig, für eine reibungslose Kommunikation zu sorgen. Besonders am Herzen liegt mir, dass aus den einzelnen Teilprojekten, aus denen der Verbund derzeit ja noch besteht, in nicht allzu ferner Zukunft ein Ganzes wird. Dazu gehört auch, den Forschungsverbund als eine eigenständige Größe im Feld der deutschen Wissenschaftseinrichtungen zu etablieren und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. An der Geschäftsstelle in Berlin wurde eigens dafür die Stelle einer Pressesprecherin geschaffen, die mich in meiner Arbeit unterstützt.

Apropos Berlin: Warum die Entscheidung, die Geschäftsstelle in der Hauptstadt anzusiedeln, und worin sehen Sie die Vorteile dieses Standortes?  

Vorab: Es war sicher richtig und sinnvoll, die Geschäftsstelle an einem vierten Ort einzurichten. Denn im Verhältnis zu den drei großen, traditionsreichen Einrichtungen muss sich der Forschungsverbund ja erst einmal erfinden. Wäre die Geschäftsstelle in einem der Häuser untergebracht, wäre sie dort womöglich nicht viel mehr als eine Abteilung neben anderen. Der Standort Berlin lag dann natürlich nahe. Die Hauptstadt bietet durch ihre Nähe zur Politik, zu Universitäten, zu anderen Forschungseinrichtungen sowie zu den Repräsentanzen der großen Forschungsförderinstitutionen ein ideales Umfeld für meine Arbeit. Die räumliche Anbindung der Geschäftsstelle an das Wissenschaftskolleg zu Berlin hat zudem den großen Vorteil, dass wir dort für eine internationale Forscher-Community sichtbar sind. Das Einzige, was ich hier manchmal vermisse und worum ich meine Kolleginnen und Kollegen in Marbach, Weimar und Wolfenbüttel beneide, ist die Nähe zu den Beständen. Ein kleiner Ersatz dafür sind die regelmäßigen Besuche, die ich den drei Häusern abstatte.

Welche Chancen eröffnen sich den drei Einrichtungen durch die Zusammenarbeit im Forschungsverbund?

Nun, eine punktuelle Zusammenarbeit der drei Institutionen gab es auch vorher schon. Vor allem aber gibt es durch die gemeinsame Herausgeberschaft der Zeitschrift für Ideengeschichte eine jahrelang erprobte Praxis im Umgang miteinander. Was die Chancen durch den Verbund anbelangt, so muss man vielleicht auf mehreren Ebenen ansetzen. Derzeit gibt es drei Forschungsprojekte, die einen großen Beitrag dazu leisten, Bestandsgruppen in einer Form zu erforschen, die ohne den Verbund nicht möglich gewesen wäre. In jedem dieser Projekte kann der jeweilige Forschungsgegenstand durch den Bezug auf die Nachbarthemen in den anderen Häusern in einen diachronen Zusammenhang gestellt werden. Dadurch lassen sich nicht nur chronologische Entwicklungen nachzeichnen, sondern immer auch neue systematische Perspektiven eröffnen. Und dadurch, dass an den Beständen und aus diesen heraus Forschungsfragen generiert werden, wandelt sich letztlich auch die Rolle der Archive und Bibliotheken.

Inwiefern?

Ich sehe das so: Indem sie an der Gestaltung von Forschungsfragen mitwirken, statt nur auf die Nachfrage der Nutzer zu reagieren, geraten sie stärker als Akteure eigenen Rechts in den Blick. Nicht zu unterschätzen sind im Übrigen die Potentiale, die sich aus dem Zuwachs an Ressourcen über die Projektförderung ergeben. Die Forschungen, die im Feld der Digital Humanities in Angriff genommen werden können, betreffen zentrale Fragen des Archivwesens, hätten aber wahrscheinlich aus eigener Kraft nicht in dieser Form realisiert werden können. So untersuchen wir zum Beispiel in einem Teilprojekt die Möglichkeiten der digitalen Langzeitspeicherung – ein Thema, dem sich im Zeichen des digitalen Wandels keine Einrichtung entziehen kann, die Daten langfristig speichern und zugänglich halten will.

Dieser Text ist die leicht gekürzte Fassung eines Interviews, das zunächst in der Zeitschrift „Augusta. Wolfenbütteler Bibliotheks-Informationen. Jg. 39 (2014)“ erschienen ist.

Dr. Sonja Asal ist seit Juli 2014 Geschäftsführerin des Forschungsverbunds MWW. Zuvor war sie mehrere Jahre lang stellvertretende Geschäftsführerin des Center for Advanced Studies der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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