Herr Kamzelak, wird die Editionswissenschaft durch digitale Verfahren internationaler und interdisziplinärer?
Ein kleines Ja, denn die Editionswissenschaft war schon immer interdisziplinär und international. Aber ja, wie alle Wissenschaften wird auch die Editionsphilologie globaler.
Wie kann die Nachhaltigkeit von digitalen Editionen in einem fluiden Medium wie dem Internet sichergestellt werden?
Für die Nachhaltigkeit sind zwei Dinge notwendig: zum einen ein systemunabhängiges Format wie XML, am besten mit den Vorschlägen der Text Encoding Initiative (TEI). Und zum anderen ein vertrauenswürdiger Speicherort wie ein Archiv oder eine Bibliothek.
Wie sieht die digitale Edition der Zukunft aus?
Arbeitsteilig, heute sagt man Crowdsourcing dazu. Allerdings mit Qualifizierungsmechanismen, die noch nicht entwickelt sind.
An welcher digitalen Ausgabe arbeiten Sie gerade?
Ich arbeite nach längerer Pause wieder an der Hybrid-Edition der Tagebücher von Harry Graf Kessler, deren letzter Band noch aussteht.
Gibt es eine digitale Edition, die Sie besonders beeindruckt, und wenn ja, warum?
Intensiver habe ich mir eben wieder die Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe angesehen, die mich durch ihre Schlichtheit bzw. ruhige Ästhetik bei gleichzeitiger Funktionalität beeindruckt.
Dr. Roland S. Kamzelak ist stellv. Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach (DLA) und Leiter der dortigen Abteilung „Entwicklung", zu der unter anderem der Bereich "Editionen und Digital Humanities" gehört. Gemeinsam mit Dr. Thomas Stäcker (Wolfenbüttel) leitet er die Tagung „Digitale Metamorphose: Digital Humanities und Editionswissenschaft“, die vom 2. bis 4. November 2015 im Rahmen von MWW an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel stattfindet.
Hinweis für Interessenten: Aufgrund der begrenzten Platzkapazitäten wird um Voranmeldung zur Tagung gebeten unter forschung@hab.de .