Intellektuelle Netzwerke - MWW-Forschung
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Intellektuelle Netzwerke
Frühneuzeitliche Gelehrtenbibliotheken als Wissens- und Kommunikationsräume
An der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel stehen im Rahmen des Teilprojektes ›Intellektuelle Netzwerke‹ die Gelehrten Leonhard Christoph Sturm (1669–1719) und Johann Gottfried Lakemacher (1695–1736) im Mittelpunkt. Die privaten Büchersammlungen der beiden Männer bieten einen wichtigen Teil der Datenbasis, mit deren Hilfe das historische Profil der Besitzer geschärft werden kann. Es geht aber noch um mehr: Mit der datentechnischen und semantischen Erschließung zusätzlicher personalisierter Quellen und Medien (Ausleihen aus der herzoglichen Bibliothek, Briefkorrespondenz, Personenerwähnungen, Zitate, Auktionsprotokoll) und einer netzwerkanalytisch gestützten Auswertung werden die Koordinaten der intellektuellen Matrix angeschrieben, in der sich die beiden Figuren bewegten.
Leonhard Christoph Sturm
Sturm war Architekturtheoretiker, Professor für Mathematik und Baukunst (u.a. an der Ritterakademie Rudolph-Antoniana in Wolfenbüttel, 1694−1702) und streitbarer Theologe. Die bibliografische Erschließung seiner privaten Bibliothek, ausgeliehenen Bücher und wissenschaftlichen Instrumente aus der Wolfenbütteler Augusta, die Analyse seiner Briefe an die Zeitgenossen August Hermann Francke, Gottfried Wilhelm Leibniz und Gottfried Kirch, schließlich die Korrelation baukundlicher Entwürfe und Zeichnungen, theologischer Argumente, Namenserwähnungen und Zitate aus seinem Œuvre mit dem Diskursgeschehen bilden die Materialgrundlage für eine netzwerkanalytisch gestützte Auswertung. Deren Ziel ist es, den Wissenskosmos zu figurieren, der Sturm intellektuell prägte und in dem er im Austausch mit seinen Zeitgenossen interagierte.
Johann Gottfried Lakemacher
Lakemacher war Professor für Griechisch und orientalische Sprachen an der Academia Julia in Helmstedt. An seinem Lebensende besaß er ca. 3.000 Bücher. Die Sammlung wurde ein Jahr nach seinem Tod verkauft, dazu wurde ein Katalog produziert mit einem oder mehreren durchschossenen Exemplaren. Das Wolfenbütteler Exemplar weist nach jeweils zwei Seiten Buchtitelliste eine Doppelseite auf, die der handschriftlichen Registratur der Käufernamen und Preise diente. Dieses Protokoll ermöglicht es zu rekonstruieren, welche Bücher von wem für welchen Preis gekauft wurden. Die Auseinandersetzung mit der Lakemacherschen Bibliothek unterstreicht den dynamischen Charakter von Sammlungen. Das Fallbeispiel soll Usancen und Gesetzmäßigkeiten aufdecken, die der Verkaufspraxis zugrunde liegen, die wiederum das Eigenleben der Bücher (ihre erneute Zirkulation und Wanderschaft) hervortreten lässt. Es geht um ein genaueres Verständnis des professoralen Buchbesitzes im Umfeld der Helmstedter Universität und der Wanderwege von Büchern. Auflösung und Neuaneignung der Lakemacherschen Sammlung bestücken das Datenrepositorium, anhand dessen mit Hilfe digitaler Methoden normative Regeln und soziale, ökonomische und intellektuelle Faktoren des Verkaufgeschehens kollationiert und visualisiert werden.
Ehemalige Mitarbeiter*innen
- Maximilian Görmar
- Jörn Münkner
- Katrin Schmidt
- Rebecca Sperl
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