Internationale Sommerschule 2021

›Collection Spaces – Räume des Sammelns‹

16. bis 26. August 2021
Klassik Stiftung Weimar

 

Die Stadt Weimar ist ein ›Deutscher Erinnerungsort‹ par excellence. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer kulturellen Topographie sind die über Jahrhunderte gewachsenen Sammlungen, sammlungsbezogenen Bauten und Interieurs. Das wohl prominenteste Beispiel ist Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Zu Lebzeiten des Dichters dienten sowohl seine Privaträume wie auch die öffentlich zugänglichen Bereiche des Hauses der wissenschaftlich fundierten Aufbewahrung und Präsentation umfangreicher Sammlungen. Ein kaum weniger ikonischer Sammlungsraum ist der Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, erst recht seit dem Brand von 2004. In Verbindung mit dem Gemälde- und Büstenprogramm verräumlicht die über mehrere Etagen verteilte Büchersammlung ein intellektuelles Ideal der Goethezeit. Außerhalb des historischen Zentrums der Stadt befinden sich zwei an der Wende zum 20. Jahrhundert eingerichtete Archive, deren geistige Provenienz kaum unterschiedlicher sein könnte: das historistische Gebäude des Goethe- und Schiller-Archivs mit den schriftlichen Nachlässen des klassischen Weimar sowie das von Henry van de Velde nur wenige Jahre später im Neuen Stil gestaltete Nietzsche-Archiv. Von beiden Standorten aus ist über Weimar hinweg der Ettersberg zu sehen, wo nach dem Zweiten Weltkrieg im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald eine umfangreiche Sammlung zu den Verbrechen der NS-Zeit angelegt wurde.

Durch den spatial turn der Geisteswissenschaften ist das Bewusstsein dafür geschärft worden, dass Räume keine neutralen Gefäße für Sammlungsobjekte sind. Die Frage nach den Räumen des Sammelns hat daher auch einen hohen Stellenwert für den Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel, der dieses Phänomen vom 16. bis zum 26. August 2021 ins Zentrum einer internationalen Summer School rücken wird: Auf welche Weise sind Sammlungsräume semantisch und symbolisch aufgeladen? Inwiefern dienen sie der kulturellen Erinnerung und stiften persönliche oder kollektive Identität? Welchen symbolpolitischen und strategischen Zielsetzungen unterliegen sie, und wie kommen diese Ziele in Bauten und Interieurs ästhetisch zum Ausdruck? Wie tragen sie zur Organisation des in den Sammlungen verkörperten Wissens bei? Welche Rolle spielt nicht zuletzt im Rahmen der digitalen Transformation die Genese neuer, virtueller Sammlungsräume? Diese Fragen wird die Summer School verfolgen, indem sie zum einen die historische Entwicklung repräsentativer Sammlungsräume von der Kunst- und Wunderkammer bis zum heutigen Museum nachvollzieht und zum anderen die Bedeutung neuer Raumtheorien für den Umgang mit Sammlungen reflektiert. Das Verhältnis zwischen privater und öffentlicher Sammlung, zwischen repräsentativer und funktionaler Raumgestaltung wird anhand von Magazin, Depot und Ausstellungsraum untersucht. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei immer auch dem Phänomen des Sammlungsraums auf der Ebene ästhetischer Imagination.

Die Summer School verbindet Seminare, Vorträge und Exkursionen mit der Möglichkeit eigenständiger Forschung. Sie wird im Rahmen des 2013 gegründeten Forschungsverbunds Marbach Weimar Wolfenbüttel (MWW) ausgerichtet (www.mww-forschung.de). Die Finanzierung erfolgt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Einblicke in die Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar bietet die Internetseite www.klassik-stiftung.de/sammlungen/.